Ein Wahlergebnis und seine Folgen

Die Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick nach der Wiederholungswahl

Die Wiederholungswahl vom 12. Februar 2023 brachte für Treptow-Köpenick eine bedeutende Veränderung: Erstmals überhaupt lag die CDU mit 23,4 % und 14 Mandaten vor der SPD mit 22,4 % und 13 Mandaten. Die Linke verlor zwei ihrer 11 Sitze, die Grünen einen, während die AfD um ein Mandat zulegte. Ohne Fraktionsstatus sind nunmehr die FDP und weiterhin die Tierschutzpartei.

Die CDU erhob direkt nach der Wahl sehr weitgehende Ansprüche, die sie bis heute aufrechterhält. Sie war und ist der Auffassung, dass sich ihr Wahlerfolg umfassend niederschlagen müsse, nicht nur in der veränderten Zusammensetzung der BVV und der Ausschüsse sowie in einem zweiten Stadtrat, der zugleich als stellvertretender Bürgermeister fungiert. Sie forderte für sich das Amt des Bezirksbürgermeisters und das des BVV-Vorstehers. Nicht wahrhaben wollte die CDU, dass für beide Ämter Mehrheiten in der BVV benötigt werden. Doch in beiden Fällen fehlten und fehlen ihr die Verbündeten, um ihre Ansprüche auch durchzusetzen. Es genügt nicht, eine Wahl mit relativer Mehrheit der Wählerstimmen zu gewinnen, die gewählten Abgeordneten, in unserem Fall die Bezirksverordneten von Treptow-Köpenick, müssen diese Mehrheiten bilden. In der BVV aber hat die CDU keine Partner für eine Mehrheit. Die seit 2021 bestehende Kooperation aus SPD, Linken und Grünen verlor zwar sechs ihrer 35 Mandate, verteidigte aber mit 29 Mandaten ihre BVV-Mehrheit.

Die fehlende Anerkennung dieser Verhältnisse durch die CDU hat in der BVV tiefe Gräben aufgerissen. Gräben, die weiterhin bestehen, auch wenn eine gewisse Beruhigung der Gemüter eingetreten ist. Es ist gut denkbar, dass diese Gräben bis zum Ende der Wahlperiode 2026 bestehen bleiben werden, weil sie Teil der Kampagne sein sollen, mit der der Wahlkampf geführt werden soll: Die Wählerinnen und Wähler sollen glauben, der CDU sei 2023 in Treptow-Köpenick der verdiente Wahlsieg durch undemokratische Machenschaften und eine machtversessene SPD gestohlen worden, Bürgermeister und BVV-Vorsteher, beide SPD, seien unberechtigterweise weiter im Amt. Obwohl beide in Wahlen durch die neu zusammengesetzte BVV in ihren Ämtern bestätigt wurden, wird eisern behauptet, der Wählerwille sei missachtet worden. Aus Protest hat die CDU auch keine Kandidaten für den BVV-Vorstand nominiert. Wie gesagt, die Wähler sollen glauben, der CDU geschehe Unrecht auf breiter Front. Tatsächlich aber ist es die CDU, die nicht die Mehrheitsentscheidungen der BVV anerkennt und damit missachtet.

BVV-Vorsteher wird, wer die Mehrheit der BVV hinter sich versammelt. Seit den ersten Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen 1992 wurden in Treptow-Köpenick genauso oft BVV-Vorsteher gewählt, die nicht der größten Fraktion angehörten, übrigens auch solche, die die CDU stellte. Wer im Rathaus Treptow vor der Ahnentafel der Vorsteherinnen und Vorsteher steht, findet gleich drei Christdemokraten, obwohl die CDU erst in diesem Jahr, 2023, erstmals stärkste Fraktion wurde.

Für das Bezirksamt wurden zu den Wiederholungswahlen eigens neue gesetzliche Regelungen geschaffen, damit veränderte Wahlergebnisse auch veränderte Zusammensetzungen der Bezirksämter nach sich ziehen. Der CDU stand daher ein zweiter Stadtrat und die Position des stellvertretenden Bürgermeisters zu, die SPD büßte einen Stadtrat ein. Aber den Bürgermeister stellt, wer das Vertrauen der Mehrheit der Bezirksverordneten hat – und das war und ist der Kandidat der SPD, Bürgermeister Oliver Igel.